aus „Neues Gera“ 30.10.2020, Von Erika Baumann
Theatervereine Gera und Altenburg verliehen acht Theater-Oskars – Geraer Verein feiert 30. Geburtstag im Zeichen beachtlicher Leistungen im Ehrenamt
Die Theater-Oskar-Preisträger 2020 stehen fest. In einer festlichen Veranstaltung im Konzertsaal der Bühnen der Stadt Gera vergaben die Theatervereine Gera und Altenburg unter Mitwirkung des Orchestervereins soeben ihre Theater-Oskars 2020. Acht Oskars gingen bei der nunmehr 27. Auflage und lieb gewonnenen Tradition an die beliebtesten Künstler und Inszenierungen der vergangenen Spielzeit.
Wer jedoch die begehrten Trophäen erhielt, das entschieden die Mitglieder der beiden Fördervereine und Zuschauer gemeinsam. Diesmal gingen fast 350 Stimmzettel für das Voting ein. Mit der Oskar-Verleihung als einer der Höhepunkte in ihrem großen und vielfältigen ehrenamtlichen Engagement wollen die Vereine ihre hohe Wertschätzung gegenüber den Theaterschaffenden zum Ausdruck bringen.
Schon im Mai sollte die Gala steigen. Doch die Corona-Pandemie verhinderte diesen Termin. So war durch die aktuell eingeschränkte Platzkapazität und unter strengen hygienischen Bestimmungen die traditionsreiche Veranstaltung, moderiert von Schauspieldirektor Manuel Kressin, hauptsächlich den Vereinsmitgliedern vorbehalten. Das zweistündige abwechslungsreiche Programm gestalteten die Nominierten per Video auf großer Leinwand und mit Live-Darbietungen.
In der Kategorie Musiktheater fiel die Wahl auf Miriam Zubieta (Platz 2 Florian Neubauer, Platz 3 Alejandro Larraga Schleske). Die hervorragende Sängerin begeistert durch ihre Wandlungsfähigkeit in immer neuen Rollen. Den Oskar in der Kategorie Sprechtheater erhielt Michaela Dazian, die besonders in komischen Rollen glänzt (2. Platz Nolundi Tschudi, Platz 3 Thorsten Dara). Aus dem Thüringer Staatsballett wurde Alina Dogodina mit dem 1. Preis geehrt. Sie besticht durch tänzerisches Können und starke Ausdruckskraft (Platz 2 Jon Beitia Fernandez, Platz 3 Sayo Yosida).
Der Vorstand der Gesellschaft der Theater- und Konzertfreunde Gera vergab den 1. Platz in der Sparte Orchester an die meisterhaft spielende Harfenistin Liane Pinquart (Platz 2 Anne-Sophie Kühne, Platz 3 Maximilian Hörmeyer). Das Ballett „Forever Lennon“ von Silvana Schröder wurde als beliebteste Inszenierung gekürt (Platz 2 Musical „Cabaret“, Platz 3 Collage „Geliebtes Kätchen“ von Kay Kuntze).
Die Jury vergab zudem drei besondere Oskars. Als hervorragende Ensembleleistung wurde das spartenübergreifende Theaterspektakel „Titanic“ ausgezeichnet, das 19 ausverkaufte Veranstaltungen sah. Als hervorragende innovative Veranstaltung erhielt die Opernproduktion „Die Passagierin“ einen Oskar, die die Grausamkeit Auschwitz auf die Bühne brachte. Ein Ehren-Oskar ging an das Team der Bühnentechnik. Es ermöglichte zusätzlich zur Betreuung des Spielbetriebes 2019 die Inbetriebnahme der Ersatzspielstätte Theaterzelt Altenburg. Seit 1994 wurden insgesamt 195 Oskars an Einzelkünstler und für Inszenierungen vergeben.
Den allerersten Theater-Oskar zur diesjährigen Veranstaltung jedoch gab es für die Gesellschaft der Theater- und Konzertfreunde Gera, den Vorsitzende Helga Klinger gerührt entgegennahm. Damit dankte Hausherr und Intendant Kay Kuntze den derzeit 355 Vereinsmitgliedern für ihre jahrzehntelange ideelle und materielle Unterstützung, für Treue und Verbundenheit mit dem Theater. 30 Jahre bereits besteht der Geraer Verein, der am 10. November 1990 mit Unterstützung der Nürnberger Theaterfreunde aus der Taufe gehoben wurde. In einer kleinen Festrede blickte die seit 2013 als agierende Vorsitzende Helga Klinger auf ein erfolgreiches ehrenamtliches Wirken zurück. Damals war der „Damentee“ mit Angelika Poser-Kötzsch Aushängeschild und größte Geldquelle zur Unterstützung des Theaters. Bis 2008 gab es allein 90 gut besuchte Veranstaltungen. Erste Vorsitzende war die damalige Chefdramaturgin Dagmar Kunze, 2001 übernahm Karl-Heinz Walther den Vorsitz. Eine erfolgreiche Spendenaktion für die Neubestuhlung des Theatersaales startete 1989. So konnten 240 Stühle für 120.000 Euro gekauft werden, später auch die Stühle für die „Bühne am Park“, die Sitzmöbel im Foyer und mit Hil- fe der Orchesterfreunde die Orchesterbestuhlung. Ebenso finanzierten die Vereinsmitglieder Gastspiele wie die des Trompeters Ludwig Güttler, Eberhard Esche oder Rolf Hoppe.
Standen bis 2015 vor allem Spenden für die nötige Technik des Theaters im Vordergrund, wurden nun auch Inszenierungen wie die „Entführung aus dem Serail“ oder „Hoffmanns Erzählungen“ finanziell unterstützt, betonte Helga Klinger. Bis heute wurden dem Theater Spenden im Gesamtwert von fast 420.000 Euro zugeführt und damit auch Stücke auf die Bühne gebracht, die es sonst nie gegeben hätte. Über all die Jahre galten die größten Anstrengungen des Vereins dem Kampf um den Erhalt des Fünf-Sparten-Theaters. Proteste, Lichterketten, Petitionen gegen den Stellenabbau im Ensemble, im Opernchor oder im Technikbereich gehörten dazu. Schon vor über 20 Jahren wurde deshalb der Geraer Verein Gründungsmitglied der Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theatervereine, um sich gemeinsam gegen den zunehmenden Abbau der einmaligen deutschen Theaterlandschaft stark zu machen.